Der Teufel holt eine Wöchnerin


In Ober-Wernersdorf bat eine Bäuerin ihren Mann, Wasser aus dem Bache zu holen, welcher in der Nähe vorbeifloß; sie war nämlich noch nicht "zukirchen" gewesen. Allein der verdrossene Bauer hatte keine Lust und sprach: "Geh doch selbst, der Teufel wird dich wohl nicht holen!" Das Weib nahm sich die unfreundlichen Worte zu Herzen, ergriff die Kannen und verließ mit ihnen das Haus. Der Bauer setzte inzwischen seine Beschäftigung ruhig fort und wurde dabei nicht gewahr, daß sein Weib ungewöhnlich lange ausblieb. Als ihm doch endlich auffiel, ging er hinaus um nachzusehen. Er fand die Bäuerin nirgends, nur ihre Schuhe, die am Bachrande standen.
Da er die bösen Worte mehr aus übler Gewohnheit gegen sein Weib gesprochen hatte, fing er an zu klagen und zu jammern. Bei ihm stand es fest, daß der Teufel hier sein Spiel getrieben habe. So erhielten die Nachbarn von dem Vorfall Kunde, und bald wußte es das ganze Dorf.
Der Pfarrer wurde befragt, aber der mochte sich hier nicht einmischen. Da erbot sich der blutjunge Kaplan, den Teufel zu zwingen, die Beute wieder herauszugeben, falls es derselbe gewesen sei.
Er begab sich in das Haus des beraubten Bauers und ließ sich die kirchlichen Geräte nachkommen. Als er alles beisammen hatte, trat er vor das Haus, zog auf der Erde einen Kreis, stellte sich hinein und begann die Beschwörungen. Da erhob sich alsbald ein Brausen und Lärmen, und im Toben des Sturmes brachte der Teufel die Wöchnerin und legte sie vor den Kreis. So wollte er durch List den Kaplan zum Verlassen des Kreises bewegen. Doch dieser war schlauer. Obwohl ihm der Teufel alle seine Jugendsünden vorhielt, blieb er ruhig und sagte nur, wie er die Streiche wieder gutgemacht hatte. Dann ergriff er die Stola und zog die Geraubte in den Kreis. Darauf erhob der Böse ein entsetzliches Brüllen, und mit furchtbaren Getöse fuhr er davon.
Nun nahm man die Bäuerin und trug sie ins Haus. Infolge des ausgestandenen Schreckens starb sie schon am nächsten Tage.



(*)